Auf einer Geburtstagsfeier fragte mich letztens ein Fremder: „Bist du eigentlich ein Zwerg?“ „Ich versteh die Frage nicht“, antwortete ich und hatte nur allzu gut verstanden.
Ich bin 1,41 Meter groß. Viel kleiner als die meisten in meinem Alter, das war immer so. Studieren konnte ich trotzdem, ich kann meinen Beruf ausüben. Mir tut nichts weh, außer manche Blicke, die ich kriege, weil ich in diesem einen Punkt von der Norm abweiche. Wir brauchen Orientierung. Aber die Normen, an denen wir uns orientieren, schließen zwangsläufig die aus, die ihnen nicht entsprechen.
Auf Barrieren treffen alle Menschen, aber nicht alle gleich oft. Ich komme nicht überall dran, andere kämpfen täglich mit den Barrieren, die sie zu Ungleichen machen: bei der Chance auf eine Wohnung, einen Arbeitsplatz, faire Bezahlung oder eine Aufenthaltsgenehmigung.
Unser Cover zeigt die Künstlerin Charlie Fitz in einer Erwachsenenwindel. Darmerkrankungen wie Morbus Crohn treffen besonders häufig junge Menschen, darüber gesprochen wird aber nicht. Deshalb hat Fitz, die mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom lebt, dieses Selbstporträt gemacht: „Scham verlernen: Darminkontinenz ist meine Normalität.“ Damit möglichst viele das Cover verstehen, haben wir auf den englischen Slogan verzichtet.
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Barrieren sind gesellschaftlich gemacht und damit veränderbar. Sie sind politisch, weil sie zeigen, wer die Deutungshoheit hat: Wer hat Geld, ist schön und integriert genug? Wer darf mitreden, wer wird gehört? Die Antworten auf diese Fragen verraten immer auch, wer außen vor bleibt.
Nicht jede Barriere können wir mit unseren Augen sehen, mit den Händen greifen oder benennen. Dieses Heft soll eine Einladung sein, die Perspektive zu wechseln. Die Menschen erzählen hier vertrauensvoll von den Barrieren in ihrem Leben. Viele zeigen, wie man sie überwinden kann, dass man sie nicht hinnehmen muss. Und sich die Frage stellen sollte: Käme ich darüber hinweg? Über diese Stufen? Die Scham, die eine Krankheit mit sich bringt oder mein Alter? Das Gefühl, nicht dazuzugehören?
Eine demokratische Gesellschaft, die Inklusion ernst nimmt, fängt alle auf: Spätestens im Alter sind wir auf Hilfe angewiesen, durch einen Unfall, Arbeitslosigkeit oder Schicksalsschläge können aber alle jederzeit ihre Selbstständigkeit verlieren.
Demokratie heißt: Alle müssen politisch mitbestimmen können und gehört werden. Für Teilhabe und gleiche Chancen gibt es Gesetze. Manche werden überarbeitet, andere neu erlassen. Im Alltag aber kommt es auf unser Bewusstsein für die Barrieren um und zwischen uns an.