Industriekletterer im Windkraftpark Lindenberg

Cool down

Mehr Windkraft, mehr E-Autos, weniger Gasheizungen. Deutschland soll CO₂-neutral werden. Ohne diese Jobs wird das nichts

Von Jonas Mayer
Thema: Klima
16. Juni 2025

Am Rad drehen: Rotorblatt-Techniker 

Am Kletterseil von einem Windrad hängend, 140 Meter über der Nordsee oder den Feldern Brandenburgs: Rotorblatt-Techniker arbeiten auf den mehr als 30.000 Windrädern in Deutschland. Sie kontrollieren die Flügel auf Materialermüdung und reparieren kleinere Risse nach Stürmen oder Blitzeinschlägen. Wer lieber auf festem Boden steht, wird besser Servicetechniker für Windenergieanlagen. Der kümmert sich um alles innerhalb des Maschinenhauses oben auf dem Windrad, etwa Generator, Getriebe oder Bremsen. 

Voraussetzungen für eine Weiterbildung zum Rotorblatt-Techniker sind eine Ausbildung als Mechatroniker, Kfz-Mechaniker, Schlosser, Zimmerer oder in einigen anderen Handwerksberufen und Schwindelfreiheit in großer Höhe. Die gute Nachricht: Die neueren Windanlagen haben einen Aufzug. 

Pump it up: Wärmepumpen-Installateurin 

Kaum ein technisches Handwerk ist so gesucht, kaum eins so politisch wie das der Wärmepumpen-Installateurin. Über die Pumpe wird deftig gestritten. Sie ist teuer, und man muss lange auf den Einbau warten, aber: Ohne sie wird es schwer mit der Klimaneutralität. 2021 verursachten private Haushalte 13 Prozent der deutschen energiebedingten Treibhausgasemissionen. Weil die meisten noch mit Öl oder Gas heizen, sprich: es verbrennen. Wärmepumpen dagegen ziehen die Wärme aus Luft, Boden oder Grundwasser, wie ein umgekehrter Kühlschrank. 

Wärmepumpen-Installateurin ist kein Ausbildungsberuf: Die Geräte werden meist von klassischen Anlagenmechanikerinnen für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) installiert und von einer Elektronikerin angeschlossen, die beim Netzbetreiber gelistet ist. Sind wie hier mehrere Gewerke zuständig, handeln unter anderem die Verbände aus, wer was machen darf. 

Achtung: Fast die Hälfte der SHK-Azubis bricht die Ausbildung ab oder fällt durch die Prüfung. Aber wer es packt, hat einen Job sicher: Zehntausende Stellen sind offen. 

Neue Horizonte: Solarteur

Auf Dächern, Carports oder Feldern: Überall ist Platz für Photovoltaik. Der Solarteur weiß, wie und wie viel grüne Energie er rausholen kann. Klingt très chic, ist aber harte Arbeit: Ein Solarmodul kann bis zu 25 Kilogramm wiegen. Der Solarteur vermisst, rechnet, installiert die Panels und führt Wartungen durch. Zum Solarteur – oder Solarmonteur – kann sich weiterbilden, wer eine abgeschlossene Ausbildung in verwandten Feldern wie der Elektroanlagenmontage, SHK, als Dachdecker oder Fassadenbauer hat. Die Ausbildung zur Fachkraft für umweltschonende Energietechniken beinhaltet die Ausbildung zum Solarteur sogar schon. 

Die Arbeit wird so schnell nicht ausgehen: Die meisten Bundesländer geben mittlerweile gesetzlich vor, dass auf den Dächern von Neubauten für Gewerbe, teils auch von Wohngebäuden, Solarpanels installiert werden müssen. Aktuell stammen rund 14 Prozent des deutschen Stroms aus Solar. Für einen klimaneutralen Strommix muss diese Zahl stark steigen. 

Weichen stellen: Gleisbauer

Ein Job, der beim Klimaschutz gern vergessen wird: Gleisbauer legen Schienen und Weichen für neue Bahnstrecken oder tauschen abgenutzte aus. Sie tragen Unebenheiten mit Schienenschleifern ab und ziehen Schwellenschrauben nach – mit großem Gerät, aber präzise. Gleise müssen millimetergenau verlegt werden, damit ein Zug später sicher darauf fahren kann. 

Der Gleisbauer braucht drei Jahre Ausbildung und ist einer von vielen handwerklichen Berufen bei der Bahn. Zu tun gibt es genug: Bis 2030 will die Bahn mehr als 700 Kilometer Strecke neu und ausbauen und Tausende Kilometer existierender Schienen und Weichen sanieren.

Die den Saft hat: Mechatronikerin für Hochvolttechnik 

Rotorblatt-Techniker und Solarteure können arbeiten, so viel sie wollen: Der grüne Strom muss zur Verfügung stehen, wenn er gebraucht wird. Das ist der Job einer Mechatronikerin für Systemund Hochvolttechnik. Sie macht unter anderem aus Autos Elektroautos. Mechatronikerinnen verbauen die Batterie im Fahrzeug und verbinden sie mit einer Kühlung, damit sie nicht überhitzen und abbrennen kann. Immer mit isoliertem Werkzeug und Schutzkleidung: Auf den Batterien sind bis zu 800 Volt Spannung, schon 120 können tödlich sein. Verwandt sind die Elektronikerinnen für Energie- und Gebäudetechnik. Sie installieren unter anderem Batteriespeicher, die die Solarenergie vom Hausdach für die Zeit speichern, in der die Sonne nicht scheint. 

Die duale Ausbildung dauert je dreieinhalb Jahre. Wobei an der Batterie weit mehr Ausbildungsberufe beteiligt sind (etwa Chemielaborantinnen oder Industriemechanikerinnen). Zukunft haben sie alle: Der Batteriemarkt wächst, auch in Deutschland wurden in den vergangenen Jahren einige neue Batteriefabriken gebaut. 

Cover des fluter-Hefts #95 zum Thema Handwerk
Dieser Artikel ist aus dem fluter „Handwerk“.
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Titelbild: Paul Langrock/Zenit/laif