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So ist es, ich zu sein: Wärmepumpen-Installateur

Simon Kempa, 31, wollte erst Erfinder werden, dann Lehrer, dann Handwerker. Heute ist er ein wenig von allem. Wenn er Wärmepumpen installiert, denkt er auch an seine Kinder

Wärmepumpen Installateur Illustration

Die schönsten Momente meiner Arbeit erlebe ich freitagnachmittags. Da schalten die Kollegen und ich die Wärmepumpen an, mit denen wir die Woche über die Häuser unserer Kunden ausgerüstet haben. Ich gehe einmal durch, ob alle Kabel richtig angeschlossen sind, mache die Sicherungen rein, stelle am Kontrollcomputer die Temperatur ein und schaue im Garten nach, ob der Ventilator fehlerfrei dreht. Dann warte ich und genieße, wie das Haus mit jeder Minute wärmer wird. Nicht mehr mit Öl oder Gas, sondern mit Umweltwärme als Hauptenergie und erneuerbarem Strom als Hilfsenergie.

Noch vor zehn Jahren wollten meine Kunden von Wärmepumpen nichts wissen. Dass die besser für die Umwelt sind, haben sie begriffen, aber für den Geldbeutel waren sie es eben nicht. Die Preise sind in den letzten Jahren zwar wieder gestiegen, doch mehr Menschen sind mittlerweile bereit, das Geld in die Hand zu nehmen. Ich denke, das liegt am Krieg in der Ukraine, Energiekrise und generell einem größeren Umweltbewusstsein. Wer heute eine Wärmepumpe bei mir bestellt, bekommt sie in acht Monaten eingebaut.

„Meine erste Baustelle ist jeden Tag um 7 Uhr mein E-Mail-Postfach. Fragen beantworten, Angebote schreiben. Erst danach geht es auf zu Kunden“

Ich muss mich mit so einigen Heizsystemen auskennen, weil sie im Laufe der Jahre vielfältiger und komplexer geworden sind. Mit der Wasser-Wasser-Wärmepumpe, der Sole-Wasser-Wärmepumpe, mit Kollektoren für Erdwärme und so weiter. Und natürlich mit der Luft-Wasser-Wärmepumpe. Die ist der Standard und funktioniert wie ein umgekehrter Kühlschrank: Irgendwo außerhalb des Hauses steht ein Kasten mit einem Ventilator darin. Der saugt Luft an, und deren Wärme wird über mehrere Ecken auf das Wasser in den Heizkörpern und Leitungen im Haus übertragen.

Mein Opa hat die Firma vor knapp fünfzig Jahren gegründet. Vor über dreißig Jahren hat sie mein Vater übernommen. Ich bin vor elf Jahren nach meiner Ausbildung dazugekommen. Heute leite ich den Bereich Heizung. Meine erste Baustelle ist deshalb jeden Tag um 7 Uhr mein E-Mail-Postfach. Fragen beantworten, Angebote schreiben, der Kollegin für Instagram und Facebook ein paar Infos geben. Erst danach schaue ich mir die Lage auf den Baustellen an und unterstütze die Kollegen hier und da.

Manche Kunden haben ihre erste Wärmepumpe noch von meinem Opa bekommen und von mir nun die zweite. Dann muss eine Viertelstunde Zeit fürs Ratschen sein, bevor um 16 Uhr alle zurück in die Firma kommen und ein Feierabendbier trinken – gerne auch mal alkoholfrei. Denn ich muss noch mal an den Schreibtisch oder mich mit möglichen Kunden treffen, die erst abends Zeit haben.

„In der Heizungsbranche gehen gerade viele Boomer in Rente, es fehlen einige Zehntausend neue Leute“

Alle zwei Monate veranstalte ich in unserer Firma einen Infoabend. Ich beantworte Fragen und versuche, Mythen rund um Wärmepumpen zu entkräften. Etwa die, dass Wärmepumpen nur mit einer Fußbodenheizung funktionieren und der Umbau 100.000 Euro oder mehr kostet. Oft ist es nicht mal die Hälfte davon. Aber die Leute sind verunsichert, ob oder wie sie ihre Heizung umbauen lassen sollen. Aus der Presse und von Politikern hören sie widersprüchliche Aussagen. Um Klarheit zu schaffen, teile ich seriöse Forschungsergebnisse, etwa die der Fraunhofer-Institute. Das kommt gut an, beim letzten Mal waren fünfzehn Leute da.

In der Heizungsbranche gehen gerade viele Boomer in Rente, es fehlen einige Zehntausend neue Leute. Die Ausbildung zum „Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“ dauert dreieinhalb Jahre. Früher waren das zwei getrennte Ausbildungen, gleichzeitig ist die Technik heute viel komplexer. Rund die Hälfte der Azubis bricht ab oder fällt in der Abschlussprüfung durch. Ich habe mit meinen Lehrlingen Glück gehabt. Bisher ist nur einer gegangen, direkt zwei Wochen nach dem Start der Ausbildung. Er wollte lieber Postbote werden.

Bei uns in Bayern verdienen die Azubis 850 bis 1.100 Euro brutto im Monat. Nach der Ausbildung fängt man bei 18 Euro pro Stunde an, später sind es zwischen 20 und 25 Euro plus Weihnachtsgeld und Prämien. Davon kann man gut leben, denke ich, auch bei einer Viertagewoche, wie es manche Kollegen machen.

„Fast ein Fünftel aller Emissionen in Deutschland entstehen durchs Heizen. Die Kollegen und ich sind ein kleiner Teil der Lösung“

Unser ältester Installateur ist 35, die jüngste 16. Sie ist Azubi im ersten Lehrjahr. Zwei sind im zweiten Lehrjahr, und noch mal zwei haben heute ihre praktische Gesellenprüfung. Sie müssen an einer Installationswand Rohre verlegen. Später gehe ich noch vorbei, um sie mental zu unterstützen. Bei den Aufgaben darf ich ihnen natürlich nicht helfen. Sie sind aber technisch fit und haben Lust auf Neues. Das macht für mich einen guten Azubi aus.

Ich erlebe viel Anerkennung für meine Arbeit. Früher dafür, dass ich mich überhaupt an Wärmepumpen rangetraut habe. Heute dafür, dass Wärmepumpen so dringend für den Klimaschutz gebraucht werden. Fast ein Fünftel aller Emissionen in Deutschland entstehen laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft durch das Heizen. Die Kollegen und ich sind ein kleiner Teil der Lösung. Wenn mich meine zwei kleinen Söhne in fünfzehn Jahren fragen „Papa, was hast du gegen den Klimawandel getan?“, habe ich eine Antwort.

Illustration: Gregory Gilbert-Lodge

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.