Kommentarspalten unter Onlineartikeln sind kein Ponyhof. Gerade bei kontroversen Themen wie Integration, Datenschutz oder Gender wird im Internet gehatet, geshitstormt und getrollt, was das Zeug hält. Und nicht selten fragt man sich, ob der eine oder andere (anonyme) User den Text, über den so hitzig diskutiert wird, überhaupt gelesen hat.
„Erst lesen, dann kommentieren!“, tadeln Nutzer einander oft genervt. Diesen Grundsatz hat das Tech- und Netzportal „NRKbeta“ der norwegischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaft nun zur zwingenden Voraussetzung erhoben: Nur wer ein Quiz aus drei Multiple-Choice-Fragen zum jeweiligen Artikel richtig beantwortet, darf einen Kommentar zu diesem abgeben.
„Grundsätzlich sieht man, dass viele nur den Titel und ein paar Zeilen lesen, bevor sie sich auf die Kommentarspalte stürzen, um mitzudiskutieren“, sagte NRKbeta-Chefredakteur Marius Arnesen der französischen Nachrichtenagentur AFP. Dem zur Nieman-Stiftung gehörenden Niemanlab, das sich der Zukunft des Journalismus widmet, erklärte er: „Wir versuchen, eine gemeinsame Diskussionsgrundlage zu schaffen. Wenn man über etwas debattieren will, sollte man Bescheid wissen, was in dem Artikel steht und was nicht. Sonst schimpfen Leute nur drauflos.“ Nutzer dazu zu zwingen, sich ein bisschen Extrazeit zu nehmen, würde ihnen auch dabei helfen, sich über den Ton ihres Kommentars Gedanken zu machen.
Ob ein paar Quizfragen reichen, um einen impulsiven Nutzer zu einem besonnenen oder eine postfaktische Diskussion zu einer faktischen zu machen, muss sich noch zeigen. Ebenso, ob die Nutzer die Reifeprüfung überhaupt langfristig akzeptieren – oder sich womöglich bevormundet fühlen und das Kommentieren ganz sein lassen. Seit dem Start der Testphase im Februar wurden erst ein paar Artikel mit dem Quiz-Plug-in versehen. Vom Gefühl her, so Arnesen, seien die Kommentare jedenfalls nicht weniger geworden. Und: „Sie scheinen vernünftig zu sein.“
Titelbild: Jan Dirk van der Burg