Schauen

Ist ja Troll

Der sieht doch eigentlich ganz nett aus. Redet auch ganz normal. Wie der Typ von nebenan halt. Nur ist er halt ein Troll …?! Der norwegische Dokumentarfilmer Kyrre Lien hat sich die Mühe gemacht, Menschen aus aller Welt zu besuchen, die im Netz ihrem Ärger Luft machen. Und – o Wunder – man sieht es diesen Leuten gar nicht an. Mehr noch: Je länger man Liens Film schaut, desto mehr verschwimmen die Grenzen: Sind das wirklich Trolle, die bloß provozieren und stören wollen, ein bisschen Radau machen, um Sand ins Getriebe zu schütten – oder vielmehr „Flamer“, die wirklich meinen, was sie sagen, dabei aber die Grenzen der Sittlichkeit überschreiten?

Kyrre Lien: The Internet Warriors (als Zusammenschnitt auch beim „Guardian“ erschienen)

Haaaaallo, alle mal herhören!

Dank Jan Böhmermann jetzt auch bei Nichtkommunikationswissenschaftlern angekommen: das Stichwort „Aufmerksamkeitsökonomie“. In seiner Show erklärte Böhmermann, der ja selbst einige Erfahrung im Auslösen von Medienskandalen hat , wie Populisten relativ easy in die Schlagzeilen kommen – obwohl das, was sie sagen oder tun, eigentlich gar nicht der Rede wert ist.

Politikberater Martin Fuchs legte in einem Interview über die Online-Strategie der AfD nach: Die Partei hat viel weniger Anhänger, als man meinen könnte – und ist doch omnipräsent. Wobei das eine das andere bedingt. Verwirrend? Fuchs klärt auf.

„dbate“: Provokation! Das ist die Online-Strategie der AfD

Wo wir gerade dabei sind: Al Jazeera präsentiert 8 von 2.000 Gesetzen, die US-Präsident Trump im US-Kongress eingebracht hat. Nur für den Fall, dass es jemand bei all dem Twittergewitter nicht mitbekommen haben sollte.

Immer noch da? Die menschliche Aufmerksamkeitsspanne soll im Internetzeitalter ja eigentlich auf acht Sekunden gesunken und damit kürzer als die von Goldfischen sein, die ja bekanntermaßen alles sofort wieder vergessen. Bloß: Die BBC schreibt, dass beides gar nicht stimmt.

BBC: „Busting the attention span myth“

Alpha-Grrls auf Achse

Im neuen Video der britischen Band Wild Beasts rollt eine Gruppe indischer Mädchen auf Skateboards durch die Straßen von Bangalore. Nichts Besonderes? Nö, in Indien wirklich nicht, da ist das Skaten nämlich kein Männerding. Vieles andere schon. Die Regisseurin Sasha Rainbow betrachtet das Rollbrettfahren deshalb als einen Weg zur Selbstermächtigung. Ihr Video über die Crew der ersten indischen Profiskaterin Atita Verghese feiert deshalb „alle, die das Risiko eingehen, sie selbst zu sein“. Wir feiern mit.

Nicht mit mir

Arabischer Frühling, Occupy Wall Street, Maidan, Gezi-Park – da erscheinen sofort Bilder vor dem inneren Auge. Aber Hannah Arendt, wer war das noch gleich? Diese Doku zeigt, wie aktuell ihre Gedanken noch immer sind und wie die Demonstranten von heute die Ideen der Denkerin aufgreifen und umsetzen – wahrscheinlich oftmals, ohne es zu wissen.

Arte: „Hannah Arendt und die Pflicht zum Ungehorsam“

Darf man Selfies machen in Auschwitz?

Eine Klassenfahrt in ein ehemaliges Konzentrationslager steht in vielen Schulen auf dem Programm, die Beschäftigung mit dem Holocaust ist fester Bestandteil der Lehrpläne. Aber wie gelingt ein angemessenes Gedenken über 70 Jahre nach dem Grauen überhaupt? In diesem Multimedia-Feature erzählen Jugendliche aus Deutschland und Israel mal ganz ungeschönt von ihren Erfahrungen – zum Beispiel, wie sie beim Besuch eines KZ einfach nicht traurig sein konnten. Zwischen den einzelnen Videos kann man die eigene Meinung abgeben und schauen, was andere so denken.

BR, rbb u.a.: „#uploading_holocaust“

Lesen

Gleicher Spam für alle!

… aber sonst alles anders: Zwei Kollegen, Martin und Nicole, tauschen die Signaturen. Er unterschreibt seine Mails mit „Nicole“, sie ihre mit „Martin“. Es begann als Versehen, und plötzlich ist es ein Experiment. Die Kunden werden doch nicht etwa auf einmal einen ganz anderen Ton anschlagen als sonst?

„Quelle: Internet“: Wenn ein Kollege und eine Kollegin die E-Mail-Signatur tauschen

Porno-Kompetenz

Pornografie kann heute anonym im Internet veröffentlicht und verbreitet und von jedem zu jeder Zeit konsumiert werden – natürlich auch von Jugendlichen. Arme Teenie-Seelen? Sexualpädagoge Jörg Nitschke warnt vor Verallgemeinerungen in Bezug auf die „Pornowelle“. Sinnvoller wäre es, Jugendlichen die nötige „Porno-Kompetenz“ beizubringen, so dass sie besser wissen, was sie tun.

„Avenue Salon“: Jugend in Pornotopia

Checken

Worüber „die Medien“ nicht nicht berichten

Wenn mal wieder jemand meint, ein bestimmtes Thema werde von den Medien totgeschwiegen, bestimmte Vorfälle bewusst nicht erwähnt, dann lohnt künftig ein Klick auf dem „Claim Checker“: Der scannt bei „Google News“ alle deutschen Leitmedien nach dem vermeintlich unter den Teppich gekehrten Thema. Das Tool ist sicher nicht perfekt. Aber es hat durchaus das Zeug dazu, einige „Lückenpresse“-Vorwürfe zu entkräften.

Titelbild: Renke Brandt