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Das fehlt uns gerade noch

Ausverkauft, verzögert sich, nicht lieferbar: Viele Waren sind knapp. Schuld an den Lieferengpässen ist nicht nur Corona

Nudeln

Es erscheint wie eine Unmöglichkeit in einer globalisierten Welt, aber in Deutschland sind viele Waren knapp. Seit Wochen können manche Produkte gar nicht, verzögert oder nur zu höheren Preisen geliefert werden. Die Gründe für die Lieferengpässe, das zeigen diese fünf Beispiele, können ganz verschieden sein.

Smartphones und Konsolen

Ein Phänomen, das man sonst vor allem von neuen Supreme-Kollektionen kennt, ist jetzt auch in der Konsolenwelt real: die „Drops“, also der Verkaufsstart einer Ware, die dann rasend schnell wieder ausverkauft ist. Die Playstation 5 ist so begehrt, dass man auf neue Kontingente in Onlineversand und Elektrofachmärkten warten muss. Dabei ist die Sony-Konsole schon im November 2020 erschienen.

Die Produktion stockt, weil es an Halbleitern mangelt, also Mikrochips, die in allen Smartphones, neueren Autos oder eben Spielekonsolen stecken. Sie sind knapp, weil die Nachfrage nach Elektrogeräten durch Homeoffice und Lockdowns immens gestiegen ist. Und weil Chips überwiegend in Asien hergestellt werden, zum Beispiel in Taiwan, wo mit TSMC der weltgrößte Chiphersteller ansässig ist. Wie viele andere musste auch TSMC in der Corona-Pandemie immer wieder Produktionsstätten schließen. Sony hat daraus jetzt seine Lehren gezogen: Der japanische Konzern baut zusammen mit TSMC ein Chipwerk in Japan. So will sich Sony auf dem Halbleitermarkt selbst versorgen. Schon 2024 soll die Fabrik anlaufen – auch weil die japanische Regierung das Projekt großzügig fördert. Neben 1.500 Arbeitsplätzen sollen laut Medienberichten „Japan first“-Klauseln zugesichert worden sein: Werden Chips eines Tages wieder knapp, würden japanische Kunden zuerst beliefert.

Sneaker

Schlechte Nachrichten für Sneakerheads – und alle anderen, die sich gerade gern mit einem neuen Paar Turnschuhe namhafter Hersteller ausstatten würden. Sowohl der Onlinehandel als auch niedergelassene Schuhgeschäfte haben momentan Probleme, ihre Lager zu füllen. Schuld ist die Delta-Variante des Coronavirus, die in Asien schon im Frühjahr aufkam. Im Sommer explodierten in vielen Ländern die Infektionszahlen, sogar in Vietnam, das dank strikter Maßnahmen lange als Vorzeigeland in der Pandemiebekämpfung galt. Große Fabriken mussten wochenlang schließen, darunter auch die, die für die großen Sportartikelhersteller produzieren. Von denen gibt es viele in Vietnam: Das Land gehört neben Indonesien und China zu den führenden Produktionsstandorten der Sportschuhindustrie. So berichtet etwa Adidas auf fluter-Nachfrage über „erhebliche coronabedingte Einschränkungen“ nicht nur in der Produktion, sondern auch beim Transport wegen vieler geschlossener Häfen. „Wir arbeiten daran, die Auswirkungen abzumildern.“ Beispielsweise indem Adidas zeitweilig in anderen Ländern produzieren lässt und die Produktion in Vietnam schrittweise wieder hochfährt.

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Sneaker
Sportartikelhersteller geben viel Geld aus, um ihre Einzigartigkeit zu vermarkten – lassen aber oft am selben Ort produzieren. Dementsprechend anfällig ist die Branche in der Pandemie

Bücher

Papier ist knapp. Auch im Papierproduktionsland Deutschland. Schon im Herbst berichteten Verlage, dass ihren Druckereien der Vorrat ausgehe. Im Weihnachtsgeschäft, der Hochsaison in der Buchbranche, waren einige Titel dann vergriffen oder nur mit wochenlangen Wartezeiten zu bekommen.

Das hat mehrere Gründe: Zunächst haben vor allem zu Pandemiebeginn viele Unternehmen aus Kostengründen darauf verzichtet, Werbeanzeigen in Zeitungen zu schalten. Die Zeitungen wurden also dünner. Weil dazu viel weniger Flyer, Plakate und Kataloge gedruckt wurden, sank die Menge an Altpapier. Das wiederum ist der wichtigste Rohstoff für die Produktion von sogenanntem grafischem Altpapier, das vor allem zum Bedrucken hergestellt wird. Zum anderen haben die Papiermühlen sofort reagiert, als der Abverkauf stockte. Wer brauchte nun, ungetrübt von den Corona-Lockdowns, immer noch Papier? Die großen Versandhändler wie Zalando und Amazon. Also wurden die Maschinen auf Packpapier, Wellpappe und Karton für den riesigen Bedarf im E-Commerce umgestellt.

Weil nicht nur das Altpapier knapper und teurer ist, sondern auch die Energiekosten bei der Produktion gestiegen sind, warnt der Papiergroßhandel: Wann und wie viel Nachschub kommt, sei unklar. Damit lückenhafte Regale nicht normal werden, rechnen Branchenverbände damit, dass die Verlage Bücher und Druckerzeugnisse jetzt auch für Kunden teurer machen müssen.

Nudeln

Nudeln schmecken, sind schnell zubereitet und billig. So billig, dass vielen Verbrauchern gar nicht auffallen dürfte, wenn sie teurer sind. Genau das wird bald passieren: Die Preise für Hartweizen, der Hauptzutat der meisten westlichen Nudelsorten, sind geradezu explodiert. Am Großmarkt in Bologna kostete eine Tonne Hartweizen im November 2020 durchschnittlich 280 Euro, ein Jahr später lag der Preis bei 540 Euro. Das liegt daran, dass mit Kanada das wichtigste Exportland für Hartweizen von der schwersten Dürre seit Jahrzehnten betroffen war. Die Ernte fiel 2021 entsprechend mickrig aus. In deutschen Supermärkten ist das laut deutschem Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS) noch nicht zu merken, weil viele Nudelhersteller langfristige Verträge mit den Mühlen abschließen. So können sie ihnen über mehrere Monate das Getreide zu einem gesicherten Preis abnehmen. Der Verband warnt allerdings, dass die Mühlen die Preisausschläge bald nicht mehr auffangen können. Dann wird die Dürre in Kanada mit einem halben Jahr Verspätung auch hier zu spüren sein.

Möbel

Wer heute ein Regal, einen Tisch oder sogar eine Küche kauft, wartet selten auf eine Lieferung, sondern packt das Mobiliar im Zweifel direkt in den Kofferraum. Aber auch hier hat die Pandemie für eine enorme Nachfrage gesorgt – und das Angebot verknappt. „Wir beobachten, dass unsere Kunden seit Beginn der Pandemie ein gesteigertes Interesse an der Neueinrichtung und Umgestaltung ihres Zuhauses haben“, erklärt zum Beispiel eine Ikea-Sprecherin auf fluter-Anfrage. Anfangs seien vor allem Möbel für das Homeoffice und Garten oder Balkon nachgefragt worden.

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Welche Möbel wir kaufen, spiegelt immer auch den Zeitgeist. Eine kleine Einrichtungskunde

Dieser Bedarf setzt die weltweiten Lieferketten unter Druck: Nachdem in China einzelne Hafenterminals wegen Corona-Fällen geschlossen wurden, gab es im Sommer 2021 gigantische Schiffsstaus vor den Hafengewässern. Die Preise für Frachtcontainer explodierten. Der Rückstau löst sich langsam, ist aber immer noch spürbar: Es fehlen Komponenten.

Was genau, ändert sich ständig. Lange gab es beispielsweise kaum pneumatische Federn, die in Drehstühlen oder manchen Küchenschränken verbaut werden. Der Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) berichtet außerdem von mangelnden Komponenten wie Polsterschaum oder Holzwerkstoffen.

Letztere sind wegen des weltweiten Bau- und Umbaubooms in der Pandemie knapp. Ebenso wie Bauholz. Das kam bisher zu einem großen Teil aus Kanada, konnte aber wegen der Dürre, vieler Waldbrände und einer Borkenkäferplage nicht im gewohnten Maß exportiert werden. Die USA, einer der größten Abnehmer kanadischen Holzes, kaufen daher aktuell auch in Deutschland ein – und sorgen mit dafür, dass hierzulande das Holz knapp und teuer wird. Wann sich die Lage bessert, vermag in der Möbelbranche niemand zu sagen. Ikea rät seinen Kunden jedenfalls, die Verfügbarkeit der Produkte rechtzeitig zu prüfen. Und im Zweifel alte Möbel umzurüsten.

GIFs: Renke Brandt

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