Es begann mit einer Postkarte von Ice-T. Sie kam natürlich nicht vom Rapper aus Los Angeles: Mein großer Bruder unterschrieb eine Zeit lang alles im Namen seiner Idole.
Ich wollte wissen, wer dieser Ice-T ist. Und fand Beats und Texte, die mir regelrecht ins Gesicht gehauen wurden und die mit jeder Zeile klarmachten: Zu lange wurde uns nicht zugehört, aber jetzt reden wir.
Für mich als Mädchen, das oft wütend war, aber nicht sein durfte, genau der richtige Sound. Die unnachgiebige Haltung der Rapperinnen und Rapper gab mir Selbstbewusstsein und ein Gespür dafür, wie politisch es ist, für die eigenen Anliegen einzustehen.
Keine Musikrichtung lebt so von den Geschichten, die die Künstlerinnen und Künstler erzählen. Vom Bordstein zur Skyline, rags to riches: Die Erzählung vom sozialen Aufstieg ist noch immer eine der häufigsten. Aber längst nicht mehr die einzige. Rap erzählt auch von denen, deren Situation sich nicht ändert. Die den ganzen Tag malochen und sich trotzdem keinen Urlaub leisten können. Rap kommt aus der Hochhaussiedlung, der Großstadt, der ostdeutschen Provinz oder aus dem Gefühl heraus, an einem Ort fremd zu sein. Ganz egal, ob Migrationsgeschichte oder nicht, ob Gymnasium oder Hauptschule. Rap gelingt, was gesellschaftlich noch versucht wird: die Vielfältigkeit der Menschen nicht nur anzuerkennen, sondern ihr ganz bewusst Raum zu geben.
Wer rappt und wie es klingt, lässt sich Rap nicht vorschreiben. Mal ist er hochpolitisch, mal tiefsinnig, mal traurig, mal einfach nur stumpfer Partywahnsinn, mal Underground, mal Megabusiness. In seiner Offenheit dominiert er Streamingplattformen wie die Charts: Rap ist von einer Schwarzen* Subkultur zu einem der erfolgreichsten Musikgenres der Welt geworden.
Einen Beat nicht aus dem Ohr zu kriegen, sich in dem Song mit seinen Zeilen verstanden und aufgehoben zu fühlen sind wahnsinnig schöne und ermächtigende Gefühle. In diesem Sinne soll das Heft eine Einladung sein: an die, die keinen Rap hören und ihn hier kennenlernen können. Und an alle anderen, die sich bestätigt fühlen dürfen und ihre Musik auf neue Weise hören können.