Started from the bottom, now we’re here: Boom Bap ist so was wie Raps Großmutter. Populär war er vor allem bis in die frühen 1990er-Jahre. Der Begriff beschreibt den Klang: „Boom“ steht für die tiefe Kick-Drum, „Bap“ für die hohen, schnarrenden Snares. Drunter ein langsamer Beat, drüber schnörkelloser Rap und: fertig.
Der reduzierte Klang mag heute oldschool klingen, wurde damals aber bewusst gewählt: Acts wie Wu-Tang Clan, Nas oder Jay-Z, in Deutschland die Stieber Twins oder Retrogott wollten vollen Spielraum für ihre lyrischen Texte und Geschichten, oft verzichteten sie sogar ganz auf einen Refrain. Durch die Erfahrungen von Afroamerikanerinnen und Afroamerikanern an der US-Ostküste erzählen viele Boom-Bap-Songs von sozialer Vernachlässigung, Rassismus und den Teufelskreisen aus Drogen und Kriminalität.
Boom Bap in einem Song: „C.R.E.A.M.“ (Wu-Tang Clan)
Ghetto, Gangs, Gewalt, die drei großen Gs im Gangsta-Rap. Legenden wie Ice Cube, Dr. Dre und 2Pac nehmen einen mit zu Drogendeals an der Ecke und in Gang- Rivalitäten, die selten mit Worten geklärt werden.
Beleidigungen und Schimpfworte kommen in den Tracks trotzdem nicht zu kurz. Auf schweren Beats verherrlicht Gangsta-Rap das Thug Life, rotzt seiner Hörerschaft aber auch die Brutalitäten und Ungerechtigkeiten der Straße vor die Füße. Klanglich unterscheidet sich das Subgenre nicht wahnsinnig vom Boom Bap oder anderen, es setzte vor allem inhaltlich Maßstäbe. Die Texte und der oft düstere Sound schaffen eine Atmosphäre, die die Realität der US-amerikanischen Armenviertel widerspiegelt. Zeilen über Polizeigewalt und strukturellen Rassismus sind Standard, Gangsta-Rap ist politisch, auch wenn er oft als prollig verschrien ist.
Gangsta-Rap in einem Song: „Ambitionz az a Ridah“ (2Pac)
Emo zelebriert eine Verletzlichkeit, die es im Rap lange nicht zu geben schien. Juice WRLD, Lil Peep und andere rappen offen und sehr romantisierend über Einsamkeit, Liebeskummer, Ängste, Drogensucht und die Kämpfe mit den eigenen Dämonen, die sie bis in den Suizid treiben können. Unterlegt werden diese schmerzlichen Texte mit zaghaften Trap-Beats, rockigen Instrumentalstücken oder nostalgischen Samples von 20 Jahre alten Pop-, Punk- und Emo-Songs. Richtig viel Melancholie, damit es richtig doll wehtut.
Emo in einem Song: „Wishing Well“ (Juice WRLD)
Anfang der 1990er-Jahre entstand Trap in Atlanta, Georgia. Es ist ein schwerer, harter, dunkler Sound: Im Slang steht „Trap“ für einen Ort, an dem gedealt wird. Die Nähe zum Rauschgift hat sich das Genre bewahrt. In vielen Musikvideos wird „Purple Drank“ gereicht, ein Cocktail aus Hustensirup, Limo und Bonbons. Seit den 2010er-Jahren dominieren Trapper wie die Migos, Gucci Mane, Travis Scott, Loredana, Ufo361 oder Shindy die Charts und großen Playlists der Streamingdienste. Die Musik ist eben eingängig: sehr tiefe Bässe, schnelle Hi-Hats, viele Synthesizer übereinander und Stimmen mit einer dicken Ladung Autotune. In jüngerer Zeit hat Trap eigene Subgenres wie Latin Trap oder EDM-Trap inspiriert.
Trap in einem Song: „goosebumps“ (Travis Scott feat. Kendrick Lamar)
In Chicago geboren, in London groß geworden und als „UK Drill“ dann sogar weltberühmt. Der Sound ähnelt den treibenden Trap-Beats, aber Drill ist zu hart, um im Radio zu laufen; schon deshalb, weil die Flows oft eher gebrüllt als gesungen werden. Drill spiegelt die Härten des Lebens derer, die es nicht rausschaffen aus den „schlechten“ Vierteln. Hört man Songs von Chief Keef oder Headie One, glaubt man zu spüren, wie es sich anfühlt, in Chicagos Washington Park oder in London-Tottenham eins auf die Fresse zu bekommen.
Drill in einem Song: „Wayne“ (Chief Keef)
Anfang der Nullerjahre heiraten in Großbritannien Dubstep und UK Garage. Sie bekommen ein Kind: Grime. Schnelle Beats (meist um die 140 BPM), unregelmäßige Drums, düstere Synthesizer, das ist der Grime-Sound. In anderen Rap-Genres fließen die Beats, Melodien und Reime, Grime wirkt eher kantig. Künstler wie Skepta, Wiley oder Stormzy texten aus ihrem Alltag als Working-Class-Kids in einem London, das vor lauter Business und schimmernden Fotomotiven seine Bewohnerinnen und Bewohner vergisst. Grime ist ein trotziger Überlebenskampf.
Grime in einem Song: „That’s Not Me“ (Skepta feat. JME)
Crunk ist Slang, eine Wortschöpfung aus „crazy“ und „drunk“ oder „crack“ und „drunk“ – und das sagt eigentlich schon alles. Das Genre ist die Definition von Party-Rap: exzessiver Beat, zischende Hi-Hats und Männer, die sich Obszönitäten zuschreien. Dreimal dürft ihr raten, worum es in den Texten von Lil Jon, Ciara oder Three 6 Mafia geht. Richtig: Konsum und Nachtleben. Dafür werden oft verschiedene Musikstile gesampelt, darunter Funk, Soul, Rock oder Techno, und mit Call-and-Response-Techniken gemischt. Die beziehen die (imaginäre) Crowd ein und stellen ein Gefühl von gemeinsamer Partynacht her. Abriss!
Crunk in einem Song: „Turn Down for What“ (Lil Jon & DJ Snake)
Schläfrige Beats, hallende Stimmen: Cloud-Rap klingt, als würde einer Wolken vertonen. Dazu kommen Melodien aus dem Lo-Fi und Chillwave, dickflüssige Samples und Dada-Texte mit Autotune-Effekt. So haben Künstler wie Yung Lean oder A$AP Rocky einen Sound geprägt, der erst mal völlig untypisch war für Rap: weich und nach innen gekehrt, ohne viel Reim und Rhythmus, mehr Amateuraufnahme als Hochglanzproduktion. In ihren Songs berichten Cloud-Rapper von ihren Liebschaften, vom Alleinsein, Depressionen und Selbstfindung, und das so sphärisch, dass Cloud-Rap mit der Zeit fast betäubend wirken kann. Kein Wunder, dass sich in vielen Lyrics und auf Covern mehr oder weniger dezente Hinweise auf Weed, Angstblocker und Codein verstecken. Das zieht nicht nur in den USA: Gerade die Österreicher um Yung Hurn oder Crack Ignaz haben deutschsprachigen Cloud bekannt gemacht.
Cloud in einem Song: „Everyday“ (A$AP Rocky)
Pop-Rap ist der Ohrwurm unter den Rap-Genres – wie gemacht für die Charts oder die Familienfeier. Die Realkeeper-Fraktion regt das auf: die Sprache zu weich, die Lyrics zu belanglos, der Sound zu glatt. Alle anderen freuen sich über tanzbare Beats und Rap, bei dem einem nicht direkt die Laune vergeht angesichts all der Ungerechtigkeiten in der Welt. Acts wie Cardi B, Macklemore oder Doja Cat kombinieren Rap-Elemente mit melodischem Gesang, klassischen Pop-Hooks und Themen aus den Ressorts Liebe, Freundschaft, Partys, Erfolg und Lifestyle. In Deutschland zeigen Cro, Nina Chuba oder Apache 207: Pop-Rap muss gar nichts außer Spaß machen.
Pop-Rap in einem Song: „Wildberry Lillet“ (Nina Chuba)